Werk

Wilhelm Lehmbruck (1881-1919) gilt heute neben Ernst Barlach (1870-1938) als wichtigster deutscher Bildhauer der Klassischen Moderne. In nur zwei Jahrzehnten schuf er ein ungewöhnlich ausdrucksstarkes und umfangreiches Lebenswerk. Große Teile der Sammlung werden dauerhaft im Lehmbruck-Flügel präsentiert, ergänzt durch Wechselausstellungen. Aktuell können Sie im Lehmbruck-Flügel auch eine Präsentation der Zeichnungen, Grafiken und Gemälde von Wilhem Lehmbruck sehen.

 

Das Foto zeigt einen Überblick über den Lehmbruck-Flügel.

Blick in den Lehmbruck-Flügel, Foto: Dejan Saric

Bildhauerisches Werk

Zwischen 1898 und 1906 entsteht Wilhelm Lehmbrucks plastisches Frühwerk. Es spiegelt im Wesentlichen den Stilpluralismus der Gründerzeit wider, den ihm sein Lehrer an der Düsseldorfer Kunstakademie, Carl Janssen, während seiner Studienjahre vermittelt hat. Vor allem angeregt durch Auguste Rodins und Aristide Maillols Werk findet Lehmbruck bis zur Übersiedlung nach Paris 1910 zu seinem eigenen plastischen Stil: in sich gekehrte, vergeistigte Figuren, die sich nach strengen Proportionsmaßen tektonisch aufbauen und dennoch anmutige Haltungen einnehmen.

Während seiner Pariser Jahre von 1910 bis 1914 steigert Lehmbruck den Ausdruck seiner idealtypischen Figuren durch Längung und Verräumlichung der Körper. Mit seinen von den Zeitgenossen als „gotisch“ bezeichneten Figuren, die in Gips, Steinguss und Terrakotta – seltener auch in den teureren Materialien Bronze und Marmor – gearbeitet sind, gelingt Lehmbruck der internationale Durchbruch zur Moderne: 1911 präsentiert er seine Kniende im Salon d’Automne in Paris, zwei Jahre später ist er als einziger deutscher Bildhauer mit dieser Skulptur in der durch Amerika tourenden Armory Show (New York, Boston, Chicago) vertreten.

 

Das Foto zeigt Wilhelm Lehmbrucks berühmte Plastik "Kniende" von 1911 im Lehmbruck Museum.

Wilhelm Lehmbruck, Kniende, 1911, Foto: Jürgen Diemer

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 kehrt Lehmbruck nach Berlin zurück. In den folgenden Jahren wandelt sich das Tektonische in seinem Werk ins Expressive, Fragmentarische und Reduzierte. In den Berliner und Zürcher Jahren bis 1918/1919 entstehen die existenziellen Antikriegsplastiken des Gestürzten und des Sitzenden Jünglings, sensible und erschütternde Figuren voller Melancholie und Einsamkeit, die eine tiefe Sehnsucht nach Liebe und Menschlichkeit, innerem Frieden und paradiesischer Welt zum Ausdruck bringen.

Malerei

Parallel zu seinen Plastiken schafft Lehmbruck in seinen Pariser Jahren ein umfangreiches malerisches Werk mit Bildnissen, Akten und Gruppenkompositionen, welche die gleichermaßen harmonischen wie auch konfliktgeladenen Beziehungen zwischen den Geschlechtern thematisieren. Stilistisch münden diese Gemälde in den bewegten, zeichnerischen Expressionismus der letzten Jahre.

 

Das Foto zeigt das "Frauenbildnis" von 1912, das Wilhelm Lehmbruck mit Öl und Tempera auf Leinwand gemalt hat.

Wilhelm Lehmbruck, Frauenbildnis, 1912, Öl/Tempera auf Leinwand, Foto: Bernd Kirtz

 

Grafik

In Paris entsteht außerdem Lehmbrucks druckgrafisches, knapp 5.000 Blätter umfassendes Werk, hauptsächlich Radierungen, in denen er eine eigene Ikonografie entwickelt, aber auch Themen seiner Plastiken aufgreift. Energisch und unkonventionell geht er mit dem Grabstichel und den Papieren beim Drucken um und verändert wiederholt die Zustände dieser Blätter.

 

Zeichnungen

Bindeglied zwischen allen Kunstgattungen – und doch immer wieder auch autonom – sind Lehmbrucks Zeichnungen, in denen sich die linienreiche Suche nach der Idealform mit der Zartheit des Ausdrucks verbindet. Zusammenfassend hat Lehmbruck mit seinem Werk nach 1910 durch die in ihm entwickelte metaphysische Tektonik und abstrahierte Expressivität einen frühen und wesentlichen Beitrag zum modernen Menschenbild in der Kunst des 20. Jahrhunderts geleistet.

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